Bereits antike Gelehrte, wie etwa Herodot oder Aristoteles, stellten Vermutungen zur Lage der Nilquelle an. Grösste Wirkung entfalteten jedoch die Schriften des Ptolemäus aus Alexandria, der im zweiten Jahrhundert vor Christus lebte. Nach Ptolemäus entspringt der Nil südlich des Äquators aus zwei Zwillingsseen am Fusse des so genannten Mondgebirges. Die Position dieses Gebirges war stets umstritten, und es war von vielen Mythen umrankt. Einige Gelehrte vermuteten, dass es sich dabei zugleich um den Standort des irdischen Paradieses handelt. Andere glaubten gar, dass es bis zum Mond aufrage. Der Ursprung der ptolemäischen Theorie ist nicht bekannt. Sie könnte auf mehrere tausend Jahre alten ägyptischen Quellen basieren, auf welche Ptolemäus in Alexandria Zugriff gehabt haben könnte. Die ptolemäische Theorie übte in Europa viele Jahrhunderte lang grossen Einfluss auf die Vorstellung vom Inneren Afrikas aus. Auf der Karte übernimmt Münster Ptolemäusʹ Theorie, bildet aber drei anstatt der zwei Seen am Fusse der Mondberge ab.
‚Ptolemaisch general tafel begreifend die halbe kugel der weldt‘
Ausschnitt aus Münsters Karte der halben Erdkugel nach Ptolemäus, den Verlauf und die Quellen des Nils zeigend.
Universitätsbibliothek Basel, Cosmographia, 1544, S. 22, EU I 55