In späteren Ausgaben von Münsters Cosmographia (zum Beispiel die lateinische Ausgabe von 1550; UB Sign: Falk 7, S. 852 & 853) findet sich eine Doppelseite mit einer Vielzahl an Seemonster, die auf der vorangehenden und nachfolgenden Seite detailliert beschrieben sind.

A: „Walfisch so gross als berg werden etwan in Island gesehen / die keren umb grosse schiff / wo man sie nit abschreckt mit drometen geschrey oder mit usgeworffenen ronden und leeren fässern / mit denen sie gaucklen.“

B: „Dies ist ein greülich geschlecht der grossen moerewunder / Pistres oder Phisseder genant / des auch Solinus nach Plinium gedenckt. Es richt sich uff und blast us dem haupt wasser in die schiff / ertrenckt sie / unnd wirfft sie under weilen umb.“

C: „Es werden schlangen gefunden im moere 200 oder 300 schuoch lang / die verwicklen sich in ein gross schiff / schedigen die schiffleüt / und underston das schiff zuo fellen / besunder wann es windstill ist.“

D: „Dies seind zwei gros und grausam thier unnd moerewunder. Das ein hat so grausam zen und das ander grausam hoerner unnd ein erschroecklich fewrig gesicht. Seine augen seind so gross / dass sie in ihrem circk begreiffen vvj oder vv. schuoch. Sein haupt ist viereckicht und hat ein grossen bart. Aber das hinder theil seines leibs ist klein.“

E: „Dies thier mag nit ersettigt werden und wirt auff Schwedisch Jerff und auff Teütsch Vilfrass genant / zuo Latin Gulo. […] Und wann der jaeger es ergreiffen mag / erscheusst er es umb seines fells wegen / des sich die edlen gebrauchen / dann es ist hübsch gebluompt wie ein dammast“

F: „Dise thier Reinen und Rainger genant findt man hauffig in den mitnaechtligen lendern / sie werden zam gemacht / und gespannen inn karzen und schlitten / seind vil schneller dann die ross. […] Ich hab sie zuo Bern auff dem radthaus auch gefunden. Man braucht sie am meisten im schnee.“

G: „Weit hinder Schweden im land das man Biarmiam nennt ist ein wald achtzig meilen lang / den man nennt Landtbruck / in dem seind allerley wilden thieren / zobelen / mardern / hermelein / grawuech / biber / lasset / luven / ottern / baeren etc. und do haer kommen die koestliche beltzfell.“

H: „Dis thier heisst Ziphus / und ist ein erschroecklich moerewunder. Es frisst die schwartzen selehünd.“

I: „Antfoegel die man gemeinlich baumgens nent / wachsen aus den früchten ettlicher beum / wie das vor vier hundert jaren beschriben ist.“

K: „Dis moerewunder sicht zuom theil gleich einem schwein / unnd ist anno 1537 gesehen worden.“

L: „Dis ist auch ein walfisch und wirt von etlichen genent Orka / aber die Norwegier heissen es Springval seiner grossen behendigkeit halb. Es hat auff dem rucken ein hohen und breiten spitz.“

M: „Dis ist der grossen krebs einer die man humer nent / und seind so starck / das sie ein schwimmenden mann fahen und erwürgen.“

N: „Dis ist ein grausam thier / sicht zuom theil gleich eim Rhinoceroten / ist gantz spitzig in der nasen unn im rucken / es frisst gross krebs die man humer nent zwoelf schuoch lang.“

O: „Dis thier ist ein luchs / die finde mann hinder Schwedien im Helsinger land. […] Sie haben ein trefflich scharpff gesicht und ir haut ist gesprengt mit mancherlei farben.“

P: „In hoch Schwedien gewenet man die Elend / dz sich zuo winter zeiten die schlitten über den schnee ziehen. […] Dis thier ist zimlich gros / ja etwas groesser dann ein hirtz […] Es hat dis thier breite hoerne und klein zincken dar an auff einer seite.“

Q: „Dis seind nit schlangen sunder voegel / nemlich wildhanen / die man awerhanen nent / die ligen 2 oder 3 monat under dem schnee on speyss / werden aber zum dickern mal durch die jaeger aus gespaecht.“

R: „Disser vogel genent auff griechisch Onocrotalus / ist gros wie ein gans unn hat ein sack under dem schnabel / und so der mit wasser gefült ist / macht er ein scheüsslich geschrei gleich wie ein esel / darumb er auch Onocrotalus heisst / dann Onos ist ein esel.“

S: „Dise fisch so die Teütschen rochen und die Italiaener raya nennen / haben ein sonder lieb zum menschen. Dan so ein mensch in dz moer falt und ertrinckt / beschützen sie nach irem vermuegen dz er nit von den anderen fischen gefressen werd.“

T: „Dis moerwunder / hat ein kopff wie ein kuow / darumb es auch moer kuow genant wirt. Wie gross es aber werd / hab ich nit gefunden.“

Interessant ist, dass viele dieser Tiere/Seemonster bereits auf einer anderen Karte zu finden sind, nämlich auf der Carta Marina. Die Carta Marina wurde vom Schweden Olaus Magnus in einer 12-jährigen Arbeitsperiode erschaffen und wurde schlussendlich 1539 in Venedig gedruckt und veröffentlicht. Es ist die erste Karte die die skandinavischen Länder mit relativ grosser geographischer Genauigkeit darstellt. Die Carta Marina soll nicht nur ein geographisches, sondern auch ein kulturhistorisches Bild des Nordens vermitteln. Auch deshalb finden sich sehr wahrscheinlich Abbildungen von verschiedenen Seemonstern und Meerestieren auf der Karte.

Da die Carta Marina lediglich sechs Jahre vor der ersten Ausgabe der Cosmographia herauskam, kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Münster die Karte von Olaus Magnus bekannt war und er sich sicherlich bei seiner Arbeit über Skandinavien darauf bezogen hat. Die Seemonster die zum Teil eins zu eins übernommen wurden sind ein klarer Hinweis darauf.

 

Wer die beiden Karten, respektive Monster, gerne noch genauer unter die Lupe nehmen will, dem seien folgende weiterführende Links empfohlen:

–       Carta Marina; Detailansicht mit Kommentar: http://cipher.uiah.fi/forum/materials/carta_marina/map/carta_marina/map.html

–       „Carta Marina“; Beschreibung, Gesamt- und Teilansicht: http://www.ub.uu.se/en/Collections/Map-collections/Section-for-Maps-and-Pictures-map-collection/Carta-Marina/

–       Cosmographia; Beschreibung der Monster auf Englisch: http://bigthink.com/strange-maps/600-munsters-monster-mash

–       Vergleich einzelner Seemonster: http://johnmckay.blogspot.ch/2012/02/monsters-of-islandia.html