Münster appelliert in seiner Einführung zum 2. Buch an seine Leserschaft:

‚Etwas fruchtbarlichen zulernen in den landschafften Europe / Africe und
Asie / ist von nöten dz du vor allen dinge in kopff fassest gelegenheit der
gantzen weldt / der erden unnd des moeres / wie sie in einander staecken
/ und wie das erdtrich uss dem moere sich erhebt.‘ (1544, XXIX).

Man soll sich also durch die Cosmographia ein Wissen über die räumliche Zusammensetzung der Welt aneignen. Am Beispiel der Europakarten zeigt sich, wie tückisch diese Wissensvermittlung sein kann. Denn Karten sind nicht bloss eine exakte Darstellung einer Region, sondern kommunizieren auch Werte und Ideen, die unsere Vorstellung der Welt mit beeinflussen.

Beim Betrachten von Giraldus Cambrensis’ Europakarte wird klar, dass die kartografische Imagination umso deutlicher zum Vorschein tritt, je geringer die geographische Genauigkeit ist. Die ersten Europakarten der Cosmographia basieren auf Claudius Ptolemäus’ gesüdeter Karte, die später durch eine genordete ersetzt wurde. Dank der kontinuierlichen Veröffentlichung der Cosmographia lässt sich eine wachsende Präzision in der Darstellung Europas feststellen. Daher verwundert zunächst die
Integration einer allegorischen Europakarte ab 1556, die keinen Anspruch auf Genauigkeit erhebt.